Es ist geschafft, Erwin und ich sind die komplette "Muerte" gefahren. Sie ist offiziell derzeit unpassierbar wegen Erdrutschen, wir sind dennoch problemlos durchgekommen (lustigerweise ohne zu merken, dass wir sie fahren, das haben wir erst nachts beim Vergleich unseres GPS-Tracks mit dem der anderen (die sind einen kleinen Teil gefahren) gemerkt. "Spezial" deshalb, weil wir diesen Camino nachts bei Nebel gefahren sind (tagsüber kann's ja jeder, sogar Radfahrer :-) )
Angefangen hat alles eher frustrierend: wir alle sind nach dem Frühstück los in Richtung La Cumbre, denn dort starten die geführten Radtouren auf 4700 m Höhe (die ganze Werbung mit den 3000 m Gefälle für die Radler ist eigentlich Humbug, denn zuerst geht es auch für die erst einmal ca. 20 km lang die geteerte neue Strasse bergab, bis auf ca. 3000 m; erst dann beginnt der Camino de Muerte).
Wir haben dort am Pass mit einem Veranstalter gesprochen, der gerade die Downhill-Räder seiner Kunden ablud. Er meinte, dass die Strecke bestimmt noch 2 Wochen lang gesperrt und für alles außer Rädern unpassierbar sei. Die anderen hatten ohnehin nicht vor, die Strecke zu fahren, und wollten lieber über die Teerstraße ins Tal nach Coroico. Erwin und ich hatten uns aber vorgenommen, zumindest ein Stück weit hineinzufahren und ein paar Photos zu machen.
Als wir dachten, an der richtigen Abfahrt zu sein, sind wir dann rechts ab auf eine Schotterpiste steil bergab. Uns wunderte ein wenig, dass uns Autos und sogar Busse entgegenkamen oder uns überholten. So schlimm kann die "Muerte" also gar nicht sein! Irgendwann mußten wir realisieren, dass wir offenbar zu früh abgebogen waren und uns auf der Ruta 25 befanden. Die Landschaft war aber absolut traumhaft, die Straße so wie man sich auch die "Muerte vorstellt (steile ungesicherte Abhänge an der Seite, immer wieder Wasserdurchfahrten oder notdürftig beseitigte Erdrutsche), so sind wir dann immer weiter, bis auf 1200m Höhe. Während zu Beginn der Strecke noch riesige Farne und Bäume mit Flechten die Landschaft bestimmten, gab es nun Bananen, Hibiscus, Flieder und jede Menge exotischer Blüten zu bestaunen, dazu Schetterlinge in allen Größen und Farben (teilweise bis Handteller groß). Unten im Tal mußten wir links abbiegen in Richtung Coroico. Wieder eine kleine Schotter- und Lehmpiste, spektakulär in den Berghang gelegt. Immer wieder kamen kleine Indio-Siedlungen, und vielfach waren die Hänge terrassiert und landwirtschaftlich genutzt. Gegen Ende der Piste wurde es immer feuchter, und entlang der Strecke wechselten sich immer wieder Wasserdurchfahrten mit Tiefschlammpassagen ab.
In Coroico angekommen, folgten wir zunächst einem Wegweiser in Richtung La Cumbre/La Paz. Nach einer ewig langen Abfahrt über Kopfsteinpflaster kamen wir nun in Yolosa an. Da wir schon ca. 18 Uhr hatten und die Dämmerung kurz bevor stand, folgten wir ab hier dem Navi. Es führte uns zum Ortsrand auf einer gut ausgebauten Schotterpist, die laut Navi in einigen km wieder auf die neue Umgehungsstraße Ruta 3 führen sollte. Besser so als das ganze Kopfsteinpflaster zurück nach Coroico!
Die Piste führte stetig bergauf, gelegnlich kam ein Auto entgegen, auch 1-2 kleinere Dörfchen kamen. Zwischendurch immer wieder kleinere Wasserdurchfahrten oder Erdrutsche. Nach und nach wurde es immer dunkler und nebliger, bis wir uns im Blindflug vorantasten mußtem (insbesondere Erwin, dessen Brille beschlagen war und nur noch meinem Rücklicht folgte). Die "paar Kilometer" bis zur Ruta 3 wurden immer mehr, den durch die vielen Serpentinen und das langsame Fahren (meist erster Gang, ganz sellten mal zweiter) kamen wir kaum voran. An einer Stelle mußten wir direkt unter einem Wasserfall hindurch: über der Straße hingen Berg und Pflanzen, und von hier ergoß sich ein permanenter Schauer auf die darunter liegende Piste, so dass wir noch so richtig schön durchnässt wurden. Neben der Piste ging es ständig steil nach unten, an vielen Stellen gab es auch Abbrüche die notdürftig mit Trassierband markiert waren. Irgendwann wurde der Weg wieder breiter und gut ausgebaut. Es gab noch eine zu umfahrende Schranke, und dann war die Ruta 3 mit ihrem Verkehr zu sehen. Direkt davor noch mal eine Absperrung mit Trassierband, durch die ich dann einfach ohne zu bremsen durchgefahren bin. Erwins Licht sah ich ca. 50 m hinter mir, aber es kam nicht näher. Ich bin daher zu Fuß hin, und auf halber Strecke hörte ich ihn rufen und hupen: seine Kräfte waren zu Ende, er war umgefallen und konnte sein Moped nicht mehr alleine aufheben. Zu zweit ging es aber problemlos, und die Info dass er nur 50 m von der Straße entfernt ist beflügelte ihn zusätzlich.
Oben an der Straße gab es dann erst mal eine kurze Pause, dann ging es über den La Cumbre (nur noch 2 Grad! Und wir mit nassen Klamotten) zurück ins Hotel.
Der Rest der Truppe saß gerade beim Abschluß des Abendessens. Nachdem wir geschildert hatten, was wir so getrieben hatten, kamen Dieter und Uwe die Wegbschreibungen der letzten Piste so bekannt vor: sie waren tagsüber von Yolosa aus ein paar km die Camino de Muerte gefahren, sind an den Wasserfällen aber umgedreht weil sie dachten dass danach ohnehin die Sperrung wegen der Erdrutsche käme. Wir haben dann die aufgezeichneten Tracks kontrolliert, und es ewahrheitete sich: Erwin und ich sind ohne es zu wissen die komplette Camino de Muerte gefahren, und das im Dunkel bei Nebel!!!
Knapp unterhalb des La Cumbre, Blick ins Tal des Unduavi:
Auf der Ruta 25, immer entlang des Flußes bis ins Tiefland:
Auf der Querverbindung zwischen Ruta 25 und Coroico, oben links in der EInkerbung verläuft die (natürlich vollkommen ungesicherte!) Piste:
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